Energiegesetz, Vorschriften

EU-Taxonomie Viel Rauch um nichts?

Gas und Atomkraft sind jetzt «grün» – zumindest, wenn es nach der EU-Taxonomie geht. Darin ist festgeschrieben, welche Investitionen als nachhaltig gelten und damit steuerlich begünstigt werden. Viele verstehen die Neueinstufung als Rückschritt. Ob sie das wirklich ist und wie sie sich auf die Schweiz auswirkt, lesen Sie im folgenden Artikel.

Die EU-Taxonomie ist ein Regelwerk der EU-Kommission, mit der Standards für ökologisches Wirtschaften festgelegt werden. Mit ihr sollen Investitionen in Richtung einer klimaneutralen Wirtschaft gelenkt werden. Um das zu erreichen, werden Aktivitäten von Unternehmen danach klassifiziert, ob sie einen «grünen» Beitrag leisten.

Dies ist vor allem für Investoren wichtig, die in eine klimaneutrale Zukunft investieren wollen. Denn mit der Taxonomie soll für mehr Transparenz in Bezug auf die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten gesorgt und sogenanntes Greenwashing – die Einordnung von nicht nachhaltigen Technologien als nachhaltig – vermieden werden.

Was hat sich geändert…

Seit Anfang 2022 steht die EU-Kommission selbst in der Kritik, mit der EU-Taxonomie Greenwashing zu betreiben. Hier wurde beschlossen Gas und Atomkraft, zumindest unter gewissen Voraussetzungen, als nachhaltig einzustufen. Wobei das durchaus differenzierter betrachtet werden sollte. Denn beide Energiequellen sind als Übergangstechnologien zu verstehen, um bis 2050 den Sprung hin zur Klimaneutralität zu schaffen – sie sind lediglich ein Mittel zum Zweck.

Investitionen in Gaskraftwerke gelten nach der neuen Einstufung bis 2030 als nachhaltig und auch nur, wenn sie gleichzeitig schmutzigere Kraftwerke ersetzen und diese bis 2035 mit klimafreundlichem Gas betrieben werden können.

Für Atomkraftwerke hingegen gibt es das «grüne» Label nur, solange die Baugenehmigung bis 2045 vorliegt und das jeweilige Land sowohl einen Plan als auch die finanziellen Mittel hat, den entstehenden Atommüll zu entsorgen.

…und welche Auswirkungen hat das auf die Schweiz

Selbst wenn die Schweiz nicht direkt von der EU-Taxonomie betroffen ist, werden auch wir die Auswirkungen spüren. Auch wenn es etwas zu früh zu sein scheint, die eigenen Regularien anzupassen – zumindest noch.

Viel akuter sind die Auswirkungen auf die Wirtschaft, vor allem die Immobilienwirtschaft. Hier wird den Akteuren geraten, die in der Verordnung festgeschriebenen Kriterien umzusetzen. Denn auch wenn sie eigentlich für Finanzprodukte, wie z. B. Immobilienfonds, gilt, wird die Verordnung mittelfristig die gesamte Immobilienbranche betreffen. Dann werden Gebäude, die nicht den Anforderungen der Taxonomie entsprechen, weniger Interessenten finden und schwieriger mit Fremdkapital zu finanzieren sein.

Zuletzt wird auch unser Strommix von der Neueinstufung betroffen sein. Im Jahr 2020 waren wir energetisch zu 72% von Stromimporten aus dem Ausland abhängig. Heisst also, dass jede Veränderung in der Stromproduktion unserer Nachbarländer einen direkten Einfluss darauf hat, ob durch Atom, Gas, Solar oder Wind produzierter Storm aus unseren Steckdosen kommt.

Fazit

Die Neueinstufung kann durchaus als schlauer Schachzug gewertet werden. Zumindest solange sie nur eine Überganglösung bleibt und die Voraussetzungen in Zukunft nicht gelockert werden. Denn in seiner Gesamtheit ist die EU-Taxonomie ein gutes Lenkungsinstrument, das auch einen positiven Effekt auf unseren Markt haben kann.

Falls Sie Fragen zum Thema haben, können Sie gerne unseren Energieberater kontaktieren:

Clemens Bohnenblust

Fachstelle Energie

Migrol AG
Soodstrasse 52
8134 Adliswil
energie@migrol.ch
Kontakt Hotline 0800 222 555 (Gratisnummer)

Die Migrol Energieberatung wird in den Kantonen Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern, Luzern, Schwyz, Zug und Zürich durchgeführt.

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